Fachartikel
“Reine Aphasien sind in der Praxis eher selten. Sehr häufig sind sie Teil einer komplexen physisch-psychischen Gesamtproblematik. Die Aphasien begleitenden Störungen sind als begleitende Sprech-, Stimm- und Schluckstörungen im direkten Fokus der Logopädin. Eine physische und psychische (Begleit-)Problematik nimmt teils grossen oder gar dominierenden Einfluss auf die Therapiefähigkeit und damit auf die Therapieplanung und den Therapieerfolg.
Physische Probleme werden seitens der Logopädin kooperativ mit dem Team Ärzte,
Physiotherapeuten und der Pflegende besprochen und bearbeitet. Psychische Probleme, die über eine reguläre Trauer («grief response») hinausgehen und als Depression im Rahmen einer Aphasie («poststroke depression, PSD») bezeichnet werden, sind schwieriger zu bearbeiten, da es psychologisches und neuropsychologisches Wissen als Logopädin braucht oder ein Wissen um Gesprächsmöglichkeiten als Psychologin / Neuropsychologin.
PSD wird im deutschsprachigen Raum eher wenig als Aufgabenfeld in der Rehabilitation diskutiert. Dies liegt zum Teil daran, dass bereits die Diagnosestellung PSD oft ausbleibt. KAMPFHAMMER bemerkt hierzu: «Da Patienten mit prominenten aphasischen Symptomen oder demenziellen Syndromen in den meisten Poststroke-Depressionsstudien nicht erfasst wurden, dürfte es sich bei den berichteten Häufi gkeiten um eine tendenziell unterschätzte depressive Komorbidität handeln» (KAMPFHAMMER 2011, 255).
Mit der ausbleibenden Diagnostik geht einher, dass Zuständigkeiten und interprofessionelle Behandlungskonzepte ungeregelt bleiben (vgl. JUNGEHÜLSING & ENDRES 2015, 93). Beim derzeitigen Stand ist davon auszugehen, dass etwa ein Drittel aller Menschen
mit Aphasie an einer Depression (PSD) leidet. Dies wird in der Befragung von CARR (2017) bestätigt. Ungeklärte Fragen der Diagnosestellung, der Zuständigkeit und der Vorgehensweise finden ihre Entsprechung in der Vernachlässigung des Themas in einführenden Bücher bzw. Kompendien zur Aphasie im deutschsprachigen Raum (vgl. stellvertretend BARTELS & SIEGMÜLLER 2011; GRÖTZBACH & SCHÖLER 2014; HUBER et al. 2013; TESAK 2006).
Die Logopädin findet zum Thema Poststroke-Depression kaum Klärung und Handreichung. Im angloamerikanischen Sprachraum ist PSD demgegenüber sehr wohl ein Thema.”
Quelle: hfh.ch
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